KLEIN braucht Hilfe von Großen.
In der Kita geht es „Klein“ gut. Da erlebt es helle, fröhliche Tage und es fühlt sich glücklich, weil die Erzieherin, Frau Traulich, sogar Zeit hat, es manchmal am Ohr zu kraulen. Wenn es zu Hause mit STARK und GROSS friedlich ist und kein Streit herrscht, mag Klein es auch.
Aber zu Hause streiten die beiden Erwachsenen GROSS und STARK erbittert am Abendbrottisch. Sie streiten so, dass sich Klein vor Angst unter dem Tisch verstecken muss. Dann packt GROSS den Koffer und geht „wieder einmal“. STARK bleibt weinend zurück. Aber Klein darf nicht trösten, es wird abgewiesen und angebrüllt. Es „rettet“ sich zum Nachbarn „JEMAND“. Es verrät GROSS und STARK nicht. Aber es kommt zur Ruhe. Es geht ihm gut bei JEMAND. Zuhause liegt STARK abgewandt und apathisch im Bett. Klein muss alleine schlafen gehen.
Am nächsten Tag erzählt Klein im Kindergarten Frau TRAULICH alles und verrät ihr, wie schlecht es sich fühlt und dass es zu Hause Angst hat. Da wird es getröstet und in den Arm genommen. Frau Traulich telefoniert und telefoniert und organisiert Hilfe.
Auch JEMAND weiß jetzt, dass Klein jemanden braucht. So hat Klein ein gutes Plätzchen mehr auf der Welt. Es sitzt auf dem Schoß von JEMAND, der ihm vorliest. Das ist exakt die Situation des Projektes „Vorlesen in Familien“ in Wetzlar, aus der die Idee des Huckepack-Preises hervorgegangen ist: Ein Erwachsener mit einem Buch liest einem Kind vor und nimmt es „Huckepack“.
Die Botschaft der schwedischen Illustratorin und Autorin ist es, dass es das gute Recht von Kindern ist, dass es ihnen gut geht und dass sie ohne Angst leben können. Ein Kind darf zu „Großen“ gehen und sie um Hilfe bitten. Und es ist die Aufgabe der Großen, ihm zu helfen.
Es war richtig, dass Klein der Frau TRAULICH erzählt hat, dass es zu Hause oft Angst hat. Frau Traulich nimmt Klein auf den Schoß und sagt ihm, dass es klein und gut ist und dass man ihm keine Angst machen, es nicht stoßen und schlagen darf. Sie sagt ihm, dass seine Großen sich um es kümmern müssen, damit es viele gute Tage hat.
Das sagt sie auch all den anderen Kindern, die dieses Buch zusammen mit einer vertrauten Person anschauen. Es macht den Kindern Mut, sich bei Großen Hilfe zu suchen und den Erwachsenen, sich zu kümmern.
Diese kleine Geschichte ist anrührend und geht unter die Haut. Sie ist notwendig und hinreißend. Das Buch ist so klein, dass man es leicht übersehen kann. Und das minimalistisch hingestrichelte Wesen auf dem Titel ist so klein, dass das kleine Buch sehr groß darum herum wirkt.
Die Wuselwesen der Schwedin Stina Wirsén sind krakelig gezeichnete Figuren von erstaunlicher Ausdruckskraft. Diesen Wuselwesen sieht man an, ob sie ängstlich oder beschützend sind, zu- oder abgewandt. Reduziert auf einfachste Formen und wenige Szenen gelingt es Wirsén, das Ausmaß von Kleins Ängsten und seiner Verlassenheit so zu schildern, dass die Erwachsenen einfach helfen müssen – und Groß und Klein beim Vorlesen gerührt sein werden. Ein großes kleines Buch empfiehlt sich somit den Großen und den Kleinen.
Für die Jury:
Gabriela Wenke