… über Entschleunigung, viel Mut und kindliche Stärke
Eigentlich hätten wir in diesem Jahr gerne noch viel mehr Bilderbücher auf unsere Bestenliste gesetzt. Das dominierende Thema war dabei die Zeit: Nehmt euch mehr Zeit für eure Kinder, nehmt euch Zeit für euch selbst. Entdeckt die Welt mit Kinderaugen und erkennt dabei, dass wir alle schon mit ganz kleinen Mitteln dazu beitragen können, Großes zu bewirken. Unsere Kinder können uns da ein Vorbild sein.
Wir möchten die Bilderbücher, die bis zum Schluss zur Diskussion standen, bewusst nicht in eine wertende Reihenfolge bringen. Sie alle erfüllen unseren HUCKEPACK-Gedanken in ihrer Weise. Wie wir unsere 11 Lieblingsbücher des Jahres 2021 im Folgenden angeordnet haben, entspricht also keiner Wertung. All diese Bücher werden im Projekt Vorlesen in Familien gerne eingesetzt – eines wird darüber hinaus am 6. Mai mit dem HUCKEPACK-Bilderbuchpreis ausgezeichnet.
Die Kinder lieben die große Grube am Rand des Schulhofs, die Erwachsenen finden sie gefährlich. Immer wieder verbieten sie das Spielen dort, doch immer finden die Kinder neue Ideen, die das Verbot zwar respektieren, die Grube aber dennoch als Spielort nutzen lassen. Ein großartiges Bilderbuch auch für Erwachsene, die erkennen müssen, dass man Kinder nicht Huckepack nimmt, indem man sie einschränkt.
Jeden Abend ruft Ben der Eule im Baum vor seinem Haus einen Gruß zu: „Huh- huh!“ Und sie antwortet ihm. Doch außer Ben hat sie noch niemand gesehen. Als der alte Baum gefällt werden soll, muss Ben handeln. Er ruft so lange, bis sich die Eule endlich auch den Erwachsenen zeigt – mit ihrer Partnerin und Eiern im Nest … In diesem Bilderbuch erleben Kinder, dass sie ihrer Wahrnehmung trauen dürfen. Ihr mutiges Auftreten kann andere überzeugen und Unrecht verhindern.
Alle haben eigene Wünsche und Bedürfnisse; niemand funktioniert einfach so, wie das Umfeld es vielleicht erwartet. Hund Fabio bellt nicht und holt keine Stöckchen. Er tut nichts, was von einem Hund erwartet wird. Aber er ist mit Katzen glücklich. Wie schön, als seine Familie das endlich erkennt und ihn mit seinen Katzeneigenschaften akzeptiert.
Ein feinfühliges Buch über Diversität und Angenommenwerden!
Emil und Mathis sind allerbeste Freunde. Als sie im Sandkasten einen Ring finden, wollen sie heiraten und organisieren gemeinsam mit anderen Kindern eine richtige Feier. Doch Mathis’ Eltern finden das gar nicht gut. Das macht ihn traurig, bis ihm eines der Mädchen sagt, dass Eltern nicht immer recht haben. Kinder dürfen Geheimnisse haben und wissen manchmal viel besser, was sich richtig anfühlt. Ein wunderschönes Regenbogen-Buch gegen Vorurteile.
Hat wirklich der Gärtner recht, als er sagt, dass Pflanzen nur Wasser zum Wachsen brauchen? Oder stimmt das, was Lilo sagt: Zum Wachsen gehören auch Liebe und Zuwendung. Eine Wette soll zeigen, wessen Pflanze besser gedeiht. Wunderbar, wie sich Kinder und Erwachsene hier auf Augenhöhe begegnen!
Isabells Familie ist arm an Dingen, aber reich an Zuwendung und Mut. Als Isabell sich von den Menschen um sie herum immer weniger wahrgenommen fühlt, verzagt sie nicht. Sie sieht andere, die wie sie selbst beinahe unsichtbar sind: Obdachlose, Einsame, Menschen, die ohne Hoffnung sind. Indem sie auf sie zugeht und ihnen durch einfaches Handeln Beachtung und Wertschätzung zeigt, macht sie sie sichtbar und schafft schließlich etwas Großartiges: Veränderung! Ein starkes Bilderbuch über Resilienz und Herzensmut.
Bevor es in den Winterschlaf geht, gibt es noch so viel zu tun. Kann das Bärchen der Mutter helfen und sich so ein Märchen verdienen? Wunderschöne Reime und Bilder erzählen hier warmherzig von der behütenden Liebe der Bärenmama, die ihr Kind jederzeit im Blick hat, auch wenn das Bärchen davon nichts spürt.
Die Mama von Frieda und Freddy liebt ihr Cello und leidet darunter, ihre Musik wegen Corona nicht mehr vor Publikum spielen zu können. Die Kinder können nichts tun, um sie wieder froh zu machen. Erst als Papa die richtigen Worte findet, um den Kindern Depression zu erklären, wissen sie, dass sie nicht schuld an Mamas Traurigkeit sind.
Ein kleines Krokodilkind ohne Mama, eine liebevolle Ente, die sich seiner annimmt. Eine ungleiche Konstellation, in der sich bald die Größenverhältnisse verschieben. Als die Ente älter wird und immer mehr vergisst, vertauschen sich die Rollen. Jetzt ist es das Krokodil, das die Fürsorge übernimmt. Eine in sparsamen Zeichnungen erzählte Geschichte über Demenz und Liebe, die nichts beschönigt, dabei aber schon Kleinen zeigt, dass sie manchmal auch Große „Huckepack“ nehmen können.
Als der Junge in der Klasse von seinem Lieblingsort erzählen soll, bleibt er stumm. Die Worte wollen seinen Mund nicht verlassen, sie verknoten ihm die Zunge wie ein Geflecht von Wurzeln. Er fühlt sich so schlimm, dass sein Vater ihn abholen muss. Zusammen fahren sie an den Fluss, und hier gibt der Vater seinem Sohn ein wunderbares Bild, das ihm hilft, sich selbst anzunehmen. „Ich bin wie der Fluss“ erzählt von einer Sprachbehinderung und einer metaphorischen Brücke ins Leben – ermutigend und berührend.
Es ist schon spät, als der große und der kleine Igel sich auf den Heimweg machen. Während der große es eilig hat, hält ihn der kleine beständig zurück – es gibt doch in der hereinbrechenden Nacht so viel zu entdecken! Wie schön, dass der große Igel sich ganz auf das Tempo des kleinen einlassen kann, denn so nimmt auch er die Welt viel bewusster wahr. Ein traumschönes Bilderbuch für Kleine, die hier erfahren, dass sie mit ihrer Sicht auf die Welt auch den Großen noch viel beibringen können.